Staglieno – Cimitero Monumentale

Im Sommer 2023 war es endlich soweit. Ich hatte die Gelegenheit den berühmten Monumental-Friedhof Staglieno in Genua zu besuchen. Die historisch bedeutende Handels -und  spätere Industriestadt Genua  ist für gewöhnlich nicht die erste Adresse für eine  Italienreise, aber Friedhofs-Freunden rate ich sie ganz oben auf Ihre  Italien Liste zu setzten. Besonders Solchen die einen Faible für Grabplastiken haben.
Auf dem Friedhof lässt sich die historische Entwicklung der Grabplastik  vom 19. Bis ins 20 Jh. sehr eindrucksvoll nachvollziehen. Die ältesten Plastiken sind  im Stil des Klassizismus und der Romantik ausgeführt. Ab etwa 1865 setzt sich ein realistischer Stil durch. Das besonderen Merkmale dieses sogenannten „bürgerlichen“ Realismus ist die Darstellung der  bürgerlichen Gesellschaft in ihren Moden und  Trauervorstellungen und Verhaltensweisen. Die Plastiken sind einer unglaublichen Detailverliebtheit und ausgeführt. Abgelöst wird der Realismus etwa ab den 1880 Jahren durch Skulpturen die dem Symbolismus zu zuordnen sind, gefolgt von Plastiken des Jugendstils (Stile Liberty) und des Art déco.
Wenn ihr Euch für die Bildhauer der Plastiken und oder einzelne Epochen besonders interessieren solltet dann möchte ich Euch  die Webseite  und den Instagram Account von AFIMS.ORG  (AMERICAN FRIENDS OF ITALIAN MONUMENTAL SCULPTURE) empfehlen:

https://staglieno.com/
Instagram: staglieno_sculpture

Auf Grund des Bilder Volumens habe ich mich dazu entschieden die Fotos von meinem Friedhofsbesuch in zwei Beiträgen zu veröffentlichen.
Der erste Beitrag zeigt Aufnahmen von den Grabmälern, Klonanden und Arkaden des Unteren Portikus, des Oberen Portikus und des Pantheons.

Der zweite Beitrag thematisiert den Ende des 19. – Anfang des „20 Jahrhunderts im Stil eines „Landschaftsfriedhof“ angelegten Teil der Anlage. 
Ich habe der Staglieno an zwei Tagen besucht und fotografiert. Der Friedhof ist in seiner Größe und Vielfältigkeit einfach überwältigend. Allein das Pantheon mit seine düsteren Auf- und Abgängen, dunklen Arkaden und etlichen Galerien schlug mich völlig in seinen Bann.
Neben der ausufernden Anzahl an Plastiken,  der Vielzahl Gängen und Wegen die es hier erkunden galt, gab es noch an jeder Ecke unzählige Kleinigkeiten und faszinierende Details zu entdecken, so dass mir  die zwei eingeplanten Tage für den Besuch des Friedhofs im Nachhinein als geradezu lächerlich wenig erschienen.
Dieser Friedhof gleicht tatsächlich einer in Marmor und Stein gehauen „Stadt der Toten“ so wie der Friedhof auch von dem genuesischen Stadtarchitekten  Carlo Barabino (1768-1835)  angedacht worden war. Wohlgemerkt eine Stadt mit „gutbetuchten“ Toten 😉.

Damit kommen ich zu dem heute wohl berühmtesten Grab des Friedhofs: das Grabmal der Caterina Campodonico, einer genuesischen Nussverkäuferin. Ihr gelang es so viel Geld anzusparen, dass sie den damals bei der genuesischen Bourgeoisie sehr gefragten Bildhauer Lorenzo Orengo  damit beauftragen konnte  – noch zu ihren Lebzeiten – für Sie eine Grabplastik auf dem Staglieno zu errichten. Die  Skulptur porträtiert Catarina Campodonico  in ihrer Tracht als  Nussverkäuferin. In der einen Hand hält sie eine Haselnusskette und in der andere ein gedrehtes Brot(Donat).  So steht ihre Staue unweit des Haupteingangs in einer Ecke des Friedhofs  sowie Catarina Campodonico zu Lebzeiten  an den Straßenecken Genuas stand und Brote und Nüsse verkaufte.  Das Grabmal von Catarina Campodonico  repräsentiert die Würde und den Stolz einer „proletarischen“ (Nuss-)Verkäuferin auf den großbürgerlichen Staglieno. 

Am Haupteingang (linker Hand wenn man vot dem Friedhof steht), kann man einen Plan und eine kleine Broschüre mit grundlegen Informationen zum Friedhof erstehen. Darin werden unter anderem verschiede thematische aufgearbeitete Routen für den Besuch des Friedhofs empfohlen. Wie zum Beispiel die „Stone Flower Route“ die zu Grabplastiken mit besonderem Blumenschmuck führt. 

 Hiermit solltet ihr Euch auf jeden Fall ausrüsten damit es Euch nicht so wie mir ergeht.
 Am zweiten Tag meines Besuchs fand ich den Seiteneingang durch den ich den Staglieno betreten hatte verschlossen vor und irrte zunehmend beunruhigt, mit einem anderen Touristenpärchen das mein Schicksal teilte,  durch die dürftig beleuchteten Arkaden des Portikus bis wir das unverschlossene Hauptportal fanden. Bei der Vorstellung eine Nacht in dieser Totenstadt verbringen zu müssen wurde uns doch ein wenig mulmig zu Mute.

Ausführliche Informationen zum Freidhof und seiner Geschichte findet ihr wie schon geschrieben auf der Webseite von AFIMS.ORG und auch hier auf der offiziellen Seite des Friedhofs:

 https://staglieno.comune.genova.it/it

Leider vergaß ich über die ganze Großartigkeit des Friedhofs völlig das Grab der Familie Appiani zu suchen. Ein Foto von diesem Grabmal zierte nämlich die LP Closer (1980) von Joy Division.
Allein schon um das Grabmal zu finden, werde ich noch einmal auf den Staglieno Cimitero Monumentale zurückkehren.

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